Liebe FFH-Freund/e/innen!
Endlich ist der Frühling auch bei uns in Südtirol ins Land gezogen. Der Kirschbaum unter unserem Haus erstrahlt in schneeweißer Blüte und in unserer Hängematte lässt es sich heute trotz der 1.300m auch im T-Shirt ganz gut aushalten. Es beginnt nun die intensive Zeit der Hüttenvorbereitung, den ganzen Monat Mai verbringen wir damit, hier im Tal alles vorzubereiten, damit wir dann im Juni, wenn die Zufahrtsstraße wieder befahrbar ist, möglichst schnell sind und den Hüttenbetrieb eröffnen können.
Gefühlt ist heute der richtige Frühlingstag für den inzwischen gewohnten Brief an unsere Gäste. Es ist bereits die dritte Ausgabe des Schreibens vor Saisonbeginn, in dem wir unseren Gästen einen kleinen Stimmungsbericht über unsere persönliche Befindlichkeit und natürlich auch über die geplanten Neuerungen und Rahmenbedingungen in der anstehenden Hüttensaison zu geben.
Delta- und zuletzt Omicron-Variante haben auch im heurigen Winter wieder dafür gesorgt, dass uns Corona in Atem gehalten hat. Gottlob, wir sind beide gesund geblieben; aber wir haben von vielen Gästen mitbekommen, dass sie von der Pandemie betroffen waren. Seit ein paar Wochen ist es nun fast schon so, als hätte es die Seuche nie gegeben; alle genießen die inzwischen fast gänzlich zurückerlangte Freiheit und jeder hofft insgeheim, dass diese Ausnahmesituation gänzlich überwunden ist. Zumindest bis zur Rückkehr der kalten Jahreszeit sollten wir hierzulande verschont bleiben und auch einem genussvollen Aufenthalt in der Bergen steht nichts mehr entgegen.
Wenn da nicht dieser furchtbare Krieg im Osten wäre… Wir wissen nicht, wie es euch geht, aber seit dem 24. Februar lesen und hören wir tagtäglich mit größter Betroffenheit die Berichte aus der Ukraine und haben Anteil am Leid, die die Bevölkerung des Einzugsgebiets gerade erfahren muss. Evelyn hat bereits im März reagiert und ihre aktuell freistehende Wohnung in Saalfelden einer ukrainischen Familie zur Verfügung gestellt, in der auch noch zu allem Überdruss die schwere Krebserkrankung des Familienvaters hinzugekommen ist. Es stimmt uns unendlich traurig, wenn wir den Schilderungen der Töchter dieser Familie zuhören, wie sie diesen Krieg in ihrer Heimat erleben. Noch vor drei Monaten wähnten wir uns alle gut behütet im sicheren Europa und nun reißt uns dieser unglaubliche Krieg aus unseren rosaroten Träumen. Das ehemals Undenkbare ist plötzlich so nahe und die wir bekommen seine Auswirkungen auf vielfältige Weise zu spüren.
Neben der Klimakrise und Corona ist nun die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine der dritte unüberhörbare Weckruf, der uns keine andere Chance mehr lässt, unser linear gedachtes Leben der „Behaglichkeit“ fortzusetzen; viele Dinge müssen an der Stelle neu gedacht werden, vor allem dann, wenn wir uns in die Perspektive unserer Kinder versetzen, deren Leben in den kommenden Jahrzehnten zur Blüte kommen sollte, so wie es das in unserer glücklichen Generation der Fall war. Auf was müssen wir unsere Kinder noch vorbereiten, wenn wir wollen, dass es ihnen in Zukunft trotz allem gut geht? Wie können wir sie noch schützen vor diesen Entwicklungen, die so bedrohlich durch unsere Gegenwart rollen?
Wir denken im Moment sehr viel darüber nach, wie für uns zwei und die Menschen in den Alpen im Lichte dieser großen Veränderungen eine zumindest halbwegs resiliente Lebensweise aussehen kann. Der Austausch über dieses Thema wird wohl im Sommer auf der Hütte den einen oder anderen Abend füllen. Bereits letztes Jahr hatten wir begonnen (damals schwerpunktmäßig zum Thema Nachhaltigkeit), Impulse für ein „gutes“ Leben zu sammeln und auf der Pinnwand am Eingang zur Gaststube zu veranschaulichen. Dies werden wir heuer sicher noch stärker umsetzen und somit den Austausch unter den Gästen ein wenig zu befeuern.
Auch in unserer Branche macht sich die Ukraine-Krise vor allem durch die Knappheit bestimmter Ressourcen bemerkbar. Für unsere Gäste wird die Anreise aufgrund der Verteuerung der Treibstoffe teurer. Nicht nur deshalb haben wir vor, die Verwendung von öffentlichen Verkehrsmitteln bei der Anreise ins Lungauer Riedingtal ein wenig zu fördern (siehe hierzu getrennte Veröffentlichung!). Aber auch die Marktpreise für viele Lebensmittel steigen sensibel und heizen die Inflation gehörig an. Wir beziehen nahezu alle Rohstoffe für unsere Küche aus dem Umfeld von 100 km, so dass uns der Ausfall des Agrarlands Ukraine nicht direkt trifft. Aber natürlich sind unsere Kunden und Lieferanten von der Situation getroffen.
Die lokale Beschaffung von Lebensmitteln höchster Qualität ist für uns heute noch wichtiger geworden, weil wir wahrnehmen, dass die Menschen durch die aktuellen Bedrohungen dabei sind, eine spürbar höhere Sensibilität für den Wert von gesunder und nachhaltiger Ernährung zu entwickeln. Wir arbeiten auch heuer wieder intensiv mit drei Bauernhöfen und einem lokalen Biogroßhandel zusammen und decken damit unseren gesamten Bedarf an Obst, Gemüse und Gewürzen auf der Hütte. Auch bei den Getränken gehen wir einen nachhaltigen Weg: unser Fruchtsaftsirup ist ausschließlich hausgemacht; beim Wein vertrauen wir auf persönlich bekannte Bauern in unserem persönlichen Bekanntenkreis in Niederösterreich, der Steiermark und Südtirol; beim Bier arbeiten wir mit unserem altbewährten, lokalen Partner, der Murauer Brauerei, und mit der Biobrauerei Gusswerk aus Salzburg zusammen; alle Biere werden in Mehrweggebinden auf die Hütte geliefert. Ich denke, wir haben den Winter gut genützt, um unseren Hüttenbetrieb noch mehr in Richtung Regionalität, Umweltverträglichkeit und Müllvermeidung vorzubereiten.
In der Folge haben wir auch unser Angebot in Küche und Kuchenvitrine ausgebaut. Evelyn hat sich einiges einfallen lassen und meine – in den Wintermonaten etwas ausgebildete – Leibesfülle ist Zeugnis des guten Ergebnisses. Schaut vorbei und lasst euch veggie-mäßig von Evelyn und ihrem Küchenteam verwöhnen!
Offenbar geben uns der Erfolg im letzten Sommer und die gute Buchungslage für die anstehende Saison recht mit unserem Wertangebot in Küche und Beherbergungsbetrieb: eben erst ist der April zu Ende gegangen und wir sind bereits zu 60% ausgebucht, eine noch nie dagewesene Auslastung! Die Rückkehr vieler Stammgäste freut uns besonders und ist uns Ansporn, auch wieder das eine oder andere neue Schmankerl aus der Pflanzenküche auf die Tageskarte zu setzen. Jedenfalls scheint es bei unserer Zielgruppe insgesamt großes Interesse an den Themen der FFH, nämlich Ernährung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Berggenuss zu geben. Groß ist nämlich auch der Andrang auf unserer Webseite und auf die Posts in den sozialen Medien. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen für ihre wertvollen Beiträge und Anregungen, vor allem aber für die Ermutigung, den eingeschlagenen Weg, manchmal auch bei etwas Gegenwind, fortzusetzen.
Um euch dort oben unterm Mosermandl auch wirklich gut bewirten zu können, haben wir auch unser Team (Link auf Kontaktseite) ausgebaut. Neben den altbewährten Hüttenhasen der letzten Jahre (die uns alle wieder die Ehre geben) wird uns heuer ein junges Paar (Halie & Christian) verstärken, die im nächsten Sommer selbst eine Hütte irgendwo in den Alpen übernehmen wollen. Damit rückt Evelyns Vision eines breiteren Angebots an vegetarischen Hütten im Alpenraum etwas näher und die beiden sollen heuer die Gelegenheit haben, sich das Geschäftsmodell der Franz Fischer Hütte genauer anschauen.
Vor allem freuen wir uns aber auf die vielen Begegnungen mit euch, liebe Gäste, mit vielen neuen, aber auch altbekannten Gesichtern. Und dann natürlich auf die Rückkehr in unsere inzwischen liebgewonnene, zweite Heimat, dem großartigen Hochtal unter Windischscharte und Mosermandl. Noch steckt dort oben alles unter einer dicken Schneedecke, aber in wenigen Wochen erwacht alles zu neuem Leben. Wir werden uns pünktlich einfinden und fiebern schon der Ankunft der ersten Gäste entgegen …
Bis bald,
Evelyn, Tom und die FFH-Hüttenhasen